ABFALLRATGEBER BAYERN

Teer- / bitumenhaltige Dachbahnen

mit Dachpappe gedecktes Dach

Zentrale Aussage

Dachbahnen werden nach wie vor entsorgt. Der Anteil der teerhaltigen Dachbahnen spielt wegen der lange zurückliegenden Herstellungszeit heute keine große Rolle mehr. Bei der Sanierung oder dem Rückbau jahrzehntealter Gebäude können sie aber immer noch anfallen. Es handelt sich dann um gefährlichen Abfall. Das gilt ebenso für asbesthaltige Dachbahnen auf Bitumenbasis.

Für Dachbahnen mit Ausnahme der asbesthaltigen bestehen stoffliche und energetische Wege zur Verwertung. Sie brauchen daher nicht mehr beseitigt zu werden.

Andere Begriffe / Synonyme

Dachpappe, Teerpappe, Teerdachpappe, Dachdichtungsbahn (lose auf Sand verlegt oder verklebt), Bitumen-Schweißbahn (selbstklebend oder verschweißt), Flachdachabdichtungssystem

Herkunft

Dachpappen etc. wurden lose unter Dachziegeln verlegt, dien(t)en aber auch alleine der Abdich-tung von Gartenlauben, Geräteschuppen oder Garagen. Sie wurden bis in die frühen 1970er Jahre in Steinkohlenteer getränkt. In der DDR wurden sie auch in Form von Schindeln (Preolit) verwendet). Dachdichtungsbahnen dienen der Abdichtung von Dächern vor allem von Flachdachbauten.

Asbesthaltige Pappen auf Bitumenbasis wurden beispielsweise als Dachpappen oder Sperrisolierpappen verwendet. Diese sind unter den AVV- Schlüssel 17 06 05* "asbesthaltige Baustoffe" einzustufen. Die Verwertung derartiger Abfälle ist unzulässig.

Dachpappen und Dichtungsbahnen fallen bei Abbruch-, Rückbau und Instandsetzungsmaßnahmen zur Entsorgung an. Produktionsabfälle und Verschnittreste neu verlegter Dachbahnen sind nicht Gegenstand der folgenden Betrachtung.

Die Haltbarkeit von Flachdachabdichtungen reicht von etwa 15 bis über 30 Jahre und ist abhängig vom Zeitpunkt der Herstellung, den verwendeten Materialien und der Pflege des Daches. Die Herstellung von Dachdichtungsbahnen unter Verwendung von (Steinkohlen-)Teerölen wurde 1962 eingestellt. Bei Dächern, die bis Mitte der 1960er Jahre errichtet wurden, ist somit zunächst von einer Gefährlichkeit der Dachbahnen auszugehen. Nur ein weiterhin abnehmender Anteil von etwa 5-20 % (Stand 2007) der zur Entsorgung anfallenden Dachbahnen ist noch teerhaltig (AVV- Abfall-Schlüssel 17 03 03*). Diese liegen meist im Verbund mit, nachträglich zur Verlängerung der Lebensdauer aufgebrachten, bitumenhaltigen, nicht gefährlichen Dachbahnen (AVV- Schlüssel 17 03 02) vor.

Eigenschaften

Dachbahnen der ersten Generation wurden aus Lumpen, Abfällen der Textilindustrie und Alt-papier gefertigt und mit Teerölen getränkt. Etwa Mitte des 20. Jahrhunderts wurde die Produktion auf Bitumendachbahnen umgestellt. Diese wurden zunächst aus einem Trägermaterial aus Rohfilz, Jute oder Glasvlies und später unter Verwendung von Polyestervliesen und Polymerbitumenbeschichtungen hergestellt. Es sind mineralische Anteile enthalten, die dem Bitumen als Füller zugegeben wurden oder mit der die Deckschicht der Dachbahn bestreut ist. Dachbahnen werden bei Kaltdächern direkt auf die Holzschalung, bei Warmdächern auf das Wärmeisoliermaterial aufgebracht und mit Anschlüssen versehen. So können Baumaterialien anhaften, wie Holz, Holzfaserplatten, Holzwolle-Leichtbauplatten, expandiertes Polystyrol ("Styropor"), PolyurethanHartschaumplatten, Kork, Mineralfasermatten, Aluminium-Kaschierungen, Kunststofffolien, metallische Teile, Ziegel oder Beton.

Mit Kohlenteer behandelte Dachbahnen weisen erhöhte Gehalte an Polyzyklischen Aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) auf. PAKs sind den krebserzeugenden Arbeitsstoffen (Stoffgruppe "Pyrolyseprodukte aus organischem Material", Kategorie 1) der MAK- und BAT-Werte-Liste zugeordnet.

Statistische Daten

Das bundesweite Aufkommen an Dachbahnen (bitumen- und teerhaltig) wurde auf größenordnungsmäßig 200.000 t pro Jahr geschätzt. Grundlage für diese Schätzung war eine Marktstudie der TH Darmstadt über Anfall und Entsorgung von Flachabdichtungsbauten (Krieger, Hunklinger & Carl 1998) sowie persönliche Mitteilungen von Entsorgern (Stand 2007). Neuere Zahlen liegen nicht vor.

Vermeidung

Da Produktionsabfälle und Verschnittreste neuer Dachbahnen in diesem infoBlatt keine Berücksichtigung finden (s. "Herkunft"), sind sie auch hier nicht anzusprechen.

Dachpappen und Dachbahnen, insbesondere teerhaltige Materialien wie auch Teerkork etc., müssen wie alle schadstoffhaltigen und bei der Verwertung als Störstoff auftretenden Materialien beim Gebäuderückbau kontrolliert und separat ausgebaut werden, um eine Vermischung von Bauschutt mit Schad- oder Störstoffen zu vermeiden und dessen hochwertige Verwertung zu ermöglichen.

Bei schadstoffbelasteten Gebäuden verstößt ein konventioneller Abbruch ohne Getrennthaltung belasteter von unbelasteten Baustoffen gegen das Vermischungs- bzw. Verdünnungsverbot (§ 9 KrWG).

Verwertung

Aufbereitung

Vor der energetischen oder stofflichen Verwertung von Dachbahnen ist in der Regel eine Aufbereitung notwendig, die die folgenden Schritte umfassen kann:

  • Sortierung oder Abtrennen von Fremdstoffen (z. B. Holz, Metalle, mineralischer Anteil, Isoliermaterial)
  • Zerkleinerung
  • Klassierung (in die entsprechend der Verwertung erforderlichen Korngrößen)
  • Konditionierung (durch Vermischen mit anderen Abfällen zur Erreichung der für den Ersatzbrennstoff notwendigen Eigenschaften im Falle einer energetischen Verwertung).

Energetische Verwertung

Dachbahnen weisen einen Heizwert im Bereich von 20.000 bis 25.000 kJ/kg auf. Sie sind grundsätzlich geeignet, als Ersatzbrennstoff z. B. in Zementwerken oder Kohlekraftwerken eingesetzt zu werden.

Voraussetzung für die Eignung einer Anlage zur energetischen Verwertung des Materials sind Verbrennungsbedingungen, die eine Zerstörung der in den Dachbahnen enthaltenen organischen Schadstoffe sicherstellen. Diese und weitere Anforderungen an den Einsatz als Ersatzbrennstoff müssen von den zuständigen Behörden fachlich und genehmigungsrechtlich geprüft werden.

Auch in bayerischen Müllverbrennungsanlagen (HMVA) können Dachbahnen energetisch verwertet werden. Die einsetzbaren Mengen sind im Einzelfall zu prüfen. Anlieferungen sind in der Regel nur in kleineren Mengen und nicht als Monochargen möglich.

Die GSB Sonderabfall Entsorgung Bayern GmbH nimmt ebenfalls Dachbahnen zur Entsorgung an. Das Material darf dort maximal eine Kantenlänge von 40 x 40 cm aufweisen. Weitere Konditionen können direkt bei der GSB, Baar-Ebenhausen erfragt werden (E-Mail: vertrieb@gsb-mbh.de, Telefon: 08453 91-241).

Entsorgung haushaltsüblicher Mengen

Kleinmengen aus privaten Sanierungsmaßnahmen (z. B. eines Geräteschuppens) sind in Absprache mit der kommunalen Abfallberatung zu entsorgen. Dabei wird die Menge, die Stückigkeit und die Größe der einzelnen Stücke eine Rolle spielen.

Entsorgung größerer bzw. gewerblicher Mengen

Teerhaltige Dachbahnen sind bei einem Gebäuderückbau oder -abbruch, wie alle sonstigen schadstoffhaltigen Materialien auch kontrolliert und separat auszubauen und getrennt zu entsorgen (Vermischungsverbot nach § 9 KrWG).

Für die Verwertung von Dachbahnen, vor allem für die energetische Verwertung, stehen bundesweit ausreichend Kapazitäten zur Verfügung. Dementsprechend sollten Dachbahnen unter Berücksichtigung der Abfallhierarchie des § 6 Abs. 2 KrWG vorrangig verwertet werden.

Rechtliche Kurzinformation

Die Einstufung von Dachbahnen als gefährlicher Abfall erfolgt nach § 3 Abs. 2 der AVV in Verbindung mit den Hinweisen zur Anwendung der AVV des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU). Folglich sind Dachbahnen mit einem Gehalt an PAK von  1.000 mg/kg und / oder einem Gehalt an Benzo(a)pyren von  50 mg/kg als gefährlicher Abfall (Abfallschlüssel 17 03 03*) einzustufen und unterliegen damit nach § 50 KrWG Nachweispflichten.

Die AVV wird in Kürze novelliert. Das Bundeskabinett hat am 12. August 2015 die Verordnung zur Umsetzung der novellierten abfallrechtlichen Gefährlichkeitskriterien beschlossen. Am 25. September 2015 hat der Bundesrat der Verordnung im Plenum zugestimmt. Die Verkündung im Bundesgesetzblatt bleibt abzuwarten. Mit Inkrafttreten der novellierten AVV sollen die oben angesprochenen Hinweise zur Anwendung der AVV durch Bekanntmachung im Bundesanzeiger zurückgezogen werden. Als gefährlich eingestufte Dachbahnenabfälle dürfen nach §54 KrWG und AbfAEV gewerbsmäßig nur mit Erlaubnis der zuständigen (Kreisverwaltungs-)Behörde eingesammelt oder befördert werden.

In Frage kommende AVV-Abfallschlüssel

  • 17 03 02 - Bitumengemische mit Ausnahme derjenigen, die unter 17 03 01 fallen
  • 17 03 03* - Kohlenteer und teerhaltige Produkte
  • 17 06 05* - asbesthaltige Baustoffe (bei asbesthaltigen Pappen auf Bitumenbasis)

Vorschriften und Regeln

Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen (Kreislaufwirtschaftsgesetz – KrWG) vom 24. Februar 2012 (BGBl. I S. 212), das durch Artikel 4 des Gesetzes vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1739) geändert worden ist

Verordnung über die Entsorgung von gewerblichen Siedlungsabfällen und von bestimmten Bau- und Abbruchabfällen (Gewerbeabfallverordnung – GewAbfV) vom 19. Juni 2002 (BGBl. I S. 1938), die zuletzt durch Artikel 5 Absatz 23 des Gesetzes vom 24. Februar 2012 (BGBl. I S. 212) geändert worden ist

Verordnung über das Europäische Abfallverzeichnis (Abfallverzeichnis-Verordnung – AVV) vom 10. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3379), die zuletzt durch Artikel 5 Absatz 22 des Gesetzes vom 24. Februar 2012 (BGBl. I S. 212) geändert worden ist

Hinweise zur Anwendung der Abfallverzeichnis-Verordnung vom 10. Dezember 2001 (BGBl I S. 3379), zuletzt geändert durch Artikel 2 der Verordnung vom 24. Juli 2002 (BGBl. I S. 2833, bekannt gemacht im Bundesanzeiger 148a vom 9. August 2005); Empfehlung zur Anwendung in Bayern durch Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (StMUGV) vom 04.11.2005, Az. 81-U8740.50-2005/2-1(s. hierzu die "Rechtliche Kurzinformation")

Verordnung über die Nachweisführung bei der Entsorgung von Abfällen (Nachweisverordnung – NachwV) vom 20. Oktober 2006 (BGBl I S. 2298), die durch Artikel 97 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist

Verordnung über das Anzeige- und Erlaubnisverfahren für Sammler, Beförderer, Händler und Makler von Abfällen (Anzeige- und Erlaubnisverordnung – AbfAEV) vom 5. Dezember 2013 (BGBl. I S. 4043)

Verordnung über Deponien und Langzeitlager (Deponieverordnung − DepV) vom 27. April 2009 (BGBl. I S. 900), die durch Artikel 7 der Verordnung vom 2. Mai 2013 (BGBl. I S. 973) geändert worden ist

Die hier oder im Text aufgeführten Rechtsvorschriften finden sich im Infozentrum UmweltWirtschaft unter Recht/Vollzug oder gegebenenfalls auch mit Erläuterung im Abfallratgeber Bayern (z.B. zum KrWG).

Weiterführende Literatur, Veröffentlichungen, Informationen

LfU Bayerisches Landesamt für Umwelt (2015): Gebäuderückbau. − infoBlatt Kreislaufwirtschaft Abfallratgeber Bayern: 8 S., Augsburg.

Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) (2015): MAK und BAT-Werte-Liste 2015. − Wiley Online Library: Chapter III: S.177/178

LfU (2003): Kontaminierte Bausubstanz - Erkundung, Bewertung, Entsorgung. − Arbeitshilfe Kontrollierter Rückbau: 104 S., Augsburg.

vdd Industrieverband Bitumen-Dach- und Dichtungsbahnen e.V. (2000): Von der Teerpappe zur Polymerbitumen-Dachbahn. – Veröffentlichung: 10 S., Frankfurt am Main.

Krieger, M. E., Hunklinger, R. & Carl, H. E. (1998): Anfall und Entsorgung von Bitumenabfällen aus Flachabdichtungsbauten. – Bitumen-Magazin der Arbeitsgemeinschaft der Bitumen-Industrie e.V. (ARBIT) 1/98: 3 S., Hamburg.

Verband der Dachpappenindustrie e.V. (1964): ABC der Dachpappe. – Veröffentlichung 53 S., Frankfurt.

infoBlatt "Teer- / bitumenhaltige Dachbahnen"

Die Publikationsreihe "infoBlatt" des Bayerischen Landesamtes für Umwelt gibt wertvolle Tipps rund um die Behandlung einzelner Abfallarten.

Die vorliegende Internetseite stellt einen Auszug aus dem infoBlatt "Teer- / bitumenhaltige Dachbahnen" dar, das Sie hier als kostenloses PDF-Dokument heruntergeladen können. Die PDF-Fassung enthält auch sämtliche Quellenangaben.

infoBlatt "Teer- / bitumenhaltige Dachbahnen" - PDF

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