Straßenkehricht

Zentrale Aussage
Straßenkehricht enthält in zunehmendem Maße größere Mengen achtlos weggeworfener Verpackungsabfälle und Zigarettenkippen. So hat sich die Zusammensetzung des Straßenkehrichts im Laufe der Zeit gewandelt. Das erschwert dessen Behandlung und Bemühungen in Vorbereitung zur Wiederverwendung hierfür geeigneten Kehrichts.
Im infoBlatt geht es auch um die herkömmlichen Anteile im Straßenkehricht, seine Schadstoffbelastung und um hiervon abhängige Möglichkeiten und Verfahren zu einer Verwertung.
Andere Begriffe / Synonyme
(Frühjahrs-, Sommer-, Herbst-) Kehrgut, Streugut, Wintersplitt, Abfälle aus der Straßenreinigung
Herkunft
Straßenkehricht fällt bei der Reinigung von Straßen, Wegen und sonstigen Verkehrsflächen als "Infrastrukturabfall“ an. In diesem Zusammenhang sollten auch vermüllte Grünstreifen am Rande der Straßen oder zwischen Straße und Radweg mit gereinigt werden. Sonst wird der Müll in der Regel beim Mähen gehäckselt und mit dem Grünschnitt vermischt entsorgt. Meist verschmutzt er aber weiterhin über eine größere Fläche verteilt den Ort.
Eigenschaften
Straßenkehricht wird wegen seiner charakteristischen Zusammensetzungen in Frühjahrskehrgut (vorwiegend Splittanteil), Sommerkehrgut (überwiegend Fremd- und Störstoffanteil) und Herbstkehrgut (vorwiegend Laubanteil) eingeteilt. Des Weiteren werden stoffliche Unterschiede zwischen Handreinigerkehricht (geringerer mineralischer Anteil) und Maschinenkehricht (überwiegend mineralischer Anteil, bis 90 Masse-%) festgestellt (DWA 2008).
Straßenreinigungsabfälle enthalten wechselnde Anteile an mineralischen Bestandteilen (Sand, Splitt, Steine: 60 bis 80 Masse-%), organischen Stoffen (Laub und Zweige, 10 bis 35 Masse-%) und hygienisch bedenklichem Hundekot. Weitere problematische Bestandteile bilden zunehmend Verpackungsabfälle, Zigarettenkippen und Papiertaschentücher.
Darüber hinaus finden sich im Straßenkehricht Verunreinigungen aus dem Verkehrsgeschehen: unverbrannte Treibstoffbestandteile (Tropfverluste), Öle und Abrieb von Fahrbahnen, Reifen, Bremsen und Kupplungsbelägen sowie Auftaumittel (Salze) aus dem Winterdienst.
Bei hoher Verkehrsdichte oder in Industriegebieten nimmt die Schadstoffbelastung des Kehrichts zu. Dabei sind die Werte von Mineralöl-Kohlenwasserstoffen (MKW), polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK), Ruß, partikelgebundenen Schwermetallen sowie von Phenol, Sulfat und Chlorid unterschiedlich stark erhöht. Die freigesetzten Schadstoffe werden über die Luft transportiert und sind Teil der Feinstaubproblematik, sie werden durch Regenwasser abgeschwemmt oder finden sich im Straßenkehricht angereichert.
Morschek (2005) hat Daten der Jahre 1996 bis 2002 ausgewertet. Diese zeigen folgende durchschnittliche Schadstoffgehalte im Straßenkehricht auf Gemeinde- und Kreisstraßen:
Cd: 0,9 mg/kg TS (Spektrum von < 0,1 bis 2,3 mg/kg TS), Cu: 51 mg/kg TS (13 bis 192 mg/kg TS), Zn: 220 mg/kg TS (109 bis 941 mg/kg TS) und PAK 1,9 mg/kg TS (0,14 bis 31,3 mg/kg TS). TOC und Glühverlust lagen bei durchschnittlich 5,3 bzw. 11,1 Masse-% (aus Spektren von 3,3 bis 7,8 Masse-% für TOC und 1,7 bis 49,4 Masse-% beim Glühverlust). Auf Autobahnen wurden im gleichen Zeitraum noch deutlich höhere Schadstoffgehalte festgestellt.
Untersuchungen von Bankettmaterial an Straßen (s. BASt 2008, S. 12) ergaben zudem bei 10 bis 15 % der Proben PCB-Gesamtgehalte von 1 bis 20 mg/kg. Dabei dürfte es sich in erster Linie um PCB-Gehalte aus Fluxöl – hergestellt aus Altöl minderer Qualität – handeln, das dem Bitumen zur besseren Verarbeitung des Asphalts wegen der dann niedrigeren Viskosität beigesetzt wird.
Im Kehricht-Eluat von Gemeinde- und Kreisstraßen ließen sich Chloridgehalte von durchschnittlich 10 mg/l (1,4 bis 400 mg/l) ermitteln. Der Heizwert von Straßenkehricht ist sehr gering. Er liegt aufgrund des hohen Mineralanteils unter 4,5 MJ/kg.
Statistische Daten
Nach Angaben der DWA (2008) fällt Straßenkehricht in Deutschland pro Einwohner und Jahr in Mengen von 13 kg (im Falle kleinerer Gemeinden und Städte; ca. 75 % der Gesamteinwohner Bayerns) und 18 kg (bei Großstädten; ca. 25 % der Gesamteinwohner) an. Daraus ließe sich für Bayern größenordnungsmäßig ein Gesamtanfall von ca. 170.000 t pro Jahr abschätzen. Dem Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) liegen keine Zahlen vor, inwieweit vermüllte Straßen heute diese Menge noch vergrößern.
Vermeidung
Anteil des Straßenkehrichts sind zunehmend Verpackungsabfälle, die achtlos weggeworfen werden (Littering). Bereits vorhandener Abfall zieht weiteren Abfall an. Hier gilt es vor allem für die Städte in Zusammenarbeit mit der Fast-Food-Gastronomie und den to-go-Geschäften immer wieder Aktionen in den Einrichtungen selbst durchzuführen, die die Kundschaft auch erreichen. So sollten diese weitgehend dazu gewonnen werden, ausgediente Verpackungen ordnungsgemäß zu entsorgen, sie also nicht allerorts wegzuwerfen . Der Vermüllung müsste letztlich gesell¬schaftlich breit aufgestellt mit vorbeugenden Maßnahmen gegengesteuert werden. Vermeiden lässt sich Streugut als Abfall beim Bürger, wenn es sich auf Gehwegen in reinen Wohnvierteln unverschmutzt wieder zusammenkehren und nochmals einsetzen lässt.
Verwertung
Naheliegend ist zunächst die Vorbereitung zur Wiederverwendung (nach § 3 Abs. 24 KrWG) der Kiesfraktion als Streugut, sofern das Material noch ausreichend kantig ist. Ist das nicht mehr der Fall, kann die gereinigte mineralische Fraktion (Sand, Kies) im Straßen-, Wege- und Landschaftsbau verwertet oder als Zuschlagstoff in Bauprodukten eingesetzt werden. Straßenkehricht eignet sich dann auch als Ersatzbaustoff beim Deponiebau. Weitere Hinweise zur Entsorgung des mineralischen Anteils gibt das LfU auf seiner Homepage.
Straßenkehricht kann generell nur nach Aufbereitung fraktionsweise verwertet werden. Wegen schwankender Schadstoffgehalte, wechselnder Zusammensetzung und steigender Störstoffanteile (Verpackungen, Kippen etc.) ist der entsprechende Aufwand vergleichsweise hoch.
Folgende Verfahren dienen der Aufbereitung oder Verwertung:
- Nassmechanische Behandlung mit Waschverfahren
- Trockenmechanische Behandlung mit Siebung, ggf. nach vorheriger Wärmetrocknung
- Behandlung in mechanisch-biologischen Anlagen mit anschließender Deponierung
- Einsatz von Waschwasser als Kohlenstoffquelle in geeigneten Kläranlagen (nur möglich bei entsprechender Genehmigung).
Abgetrennte Störstoffe können stofflich oder energetisch verwertet oder müssen thermisch behandelt werden. Lediglich für weitgehend von Fremdstoffen befreite Laub- und Holzabfälle (vor allem trockenmechanisch gekehrtes Herbstkehrgut) kann unter bestimmten Voraussetzungen eine Behandlung in biologischen Abfallbehandlungsanlagen möglich sein (nähere Hinweise hierzu s. entsprechendes Merkblatt des LfU von 2012 sowie Kap. 4.4.2 des LfU-Merkblatts Hinweise zu Aufbereitung und Entsorgung von Straßenkehricht in Bayern).
Straßenkehricht oder daraus hergestellte Fraktionen sind für die Verfüllung von Gruben, Brüchen und Tagebauen nicht zugelassen.
Entsorger(fach)betriebe und Verwerterfirmen, die Straßenkehricht auf den Weg der Verwertung bringen oder behandeln, lassen sich über die Verwerterdatenbank Bayern ermitteln.
Entsorgung haushaltsüblicher Mengen
Nahezu reiner Altsplitt im Kehricht lässt sich mehrmals einsetzen (s. "Vermeidung"). Kleinere Mengen gemischten oder verschmutzten Straßenkehrichts können über die Restmülltonne entsorgt werden. Altsplitt sollte am Ende des Winters von den Gehwegen auf die Straße gekehrt werden, damit er als Frühjahrskehrgut einer stofflichen Verwertung zugeführt werden kann.
Entsorgung größerer bzw. gewerblicher Mengen
Straßenkehricht kann wegen seines hohen organischen und hygienisch bedenklichen Anteils nicht unbehandelt abgelagert werden. Hohe Mineralstoffanteile, das Kleinkorn (Sand, Kies) und ein teilweise höherer Wassergehalt im Kehricht sind technisch wie energetisch auch für eine thermische Behandlung (z. B. die Hausmüllverbrennung) nicht unproblematisch. Daher muss Straßenkehricht in der Regel sowohl für eine Verwertung, als auch für die Beseitigung aufbereitet werden.
Rechtliche Kurzinformation
Für nicht gefährliche Abfälle wie Straßenkehricht bestehen keine Nachweispflichten. Abfallentsorger müssen für derlei Abfälle aber Register führen (§ 49 Abs. 1 KrWG).
In Frage kommende AVV-Abfallschlüssel
- 20 03 03 - Straßenkehricht
- Gruppe 19 12 - "Abfälle aus der mechanischen Behandlung von Abfällen (z. B. Sortieren, Zerkleinern, Verdichten, Pelletieren) a. n. g." für Straßenkehrichtfraktionen aus der Aufbereitung
Vorschriften und Regeln
Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen (Kreislaufwirtschaftsgesetz – KrWG) vom 24. Februar 2012 (BGBl. I S. 212), das durch § 44 Absatz 4 des Gesetzes vom 22. Mai 2013 (BGBl. I S. 1324) geändert worden ist
Verordnung über Deponien und Langzeitlager (Deponieverordnung – DepV) vom 27. April 2009 (BGBl. I S. 900), die durch Artikel 7 der Verordnung vom 2. Mai 2013 (BGBl. I S. 973) geändert worden ist
Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) vom 12. Juli 1999 (BGBl. I S. 1554), die zuletzt durch Artikel 5 Absatz 31 des Gesetzes vom 24. Februar 2012 (BGBl. I S. 212) geän-dert worden ist
Verordnung über die Verwertung von Bioabfällen auf landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich und gärtnerisch genutzten Böden (Bioabfallverordnung – BioAbfV) vom 4. April 2013 (BGBl. I S. 658), die durch Artikel 5 der Verordnung vom 5. Dezember 2013 (BGBl. I S. 4043) geändert worden ist
Verordnung über das Inverkehrbringen von Düngemitteln, Bodenhilfsstoffen, Kultursubstraten und Pflanzenhilfsmitteln (Düngemittelverordnung – DÜMV) vom 5. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2524)
LAGA Länderarbeitsgemeinschaft Abfall: Anforderungen an die stoffliche Verwertung von mineralischen Abfällen/Reststoffen – Technische Regeln - Mitteilung 20, S. 17-27: Stand Nov. 1997 (Hinweis: die neueren Technischen Regeln 2003/2004 sind in Bayern nicht eingeführt)
OBB Oberste Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern: Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und technische Lieferbedingungen für die einzuhaltenden wasserwirtschaftlichen Gütemerkmale bei der Verwendung von Recycling-Baustoffen im Straßenbau in Bayern (ZTV wwG-StB By 05).- Bekanntmachung vom 12. Dezember 2005 (AllMBl. Nr. 13 vom 28.12.2005, S. 577)
Die hier oder im Text aufgeführten Rechtsvorschriften finden sich im Infozentrum UmweltWirtschaft unter Recht/Vollzug oder gegebenenfalls auch mit Erläuterung im Abfallratgeber Bayern (z. B. zum KrWG).
Weiterführende Literatur, Veröffentlichungen, Informationen
LfU Bayerisches Landesamt für Umwelt (2020): Hinweise zum Umgang mit Straßenkehricht – Merkblatt: 26 s., Augsburg.
DWA Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (2008): Umgang mit Straßenkehricht. − Merkblatt DWA-M 378: 26 S., Hennef.
BASt Bundesanstalt für Straßenwesen (2008): Schadstoffgehalte von Bankettmaterial. − Berichte Verkehrstechnik Heft V 167: 56 S., Bergisch-Gladbach.
DWA Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (2008): Umgang mit Straßenkehricht. − Merkblatt DWA-M 378: 26 S., Hennef.
Morscheck, G. (2005): Umweltrelevante Eigenschaften von Straßenkehricht.- Veröff. Universität Rostock: S. 22; Rostock. Ott C. & Jager J. (2005): Aufbereitung von Straßenkehricht von Außerortsstraßen. − Bericht Forschungs- und Entwicklungsvorhaben 03.349/2001/LGB, In: Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (Hrsg.): Schriftenreihe Forschung Straßenbau und Straßenverkehrs¬technik; Bonn.
infoBlatt "Straßenkehricht"
Die Publikationsreihe "infoBlatt" des Bayerischen Landesamtes für Umwelt gibt wertvolle Tipps rund um die Behandlung einzelner Abfallarten.
Die vorliegende Internetseite stellt einen Auszug aus dem infoBlatt "Straßenkehricht" dar, das Sie hier als kostenloses PDF-Dokument heruntergeladen können. Die PDF-Fassung enthält auch sämtliche Quellenangaben.